Revenge on Chronos XIII

Lysann schluchzte noch immer leise in seinen Armen. Anathial sagte nichts, blieb ganz ruhig und strich ihr vorsichtig durchs Haar und ihren Rücken. Sie war überrascht, wie leicht es ihr fiel, sich den ganzen Kummer von der Seele zu weinen, einfach mal loszulassen. Vielleicht lag es ja einfach daran, dass er jetzt eh wusste, was los war und sie so nichts mehr zu befürchten hatte. "Wie... wieso gibt es so etwas?? Wieso.." Ihre Stimme war leise und zitterte stark. Sie erinnerte sich an die Angst, die sie gespürt hatte, als Astrion auf sie zugeschritten war. Wäre Anathial nicht eingeschritten, wenn wirklich alles eskaliert wäre.. Allein die Vorstellung war grausam. Sobald sie wach gewesen wäre, hätte sie nicht lange erst gewartet, sonder sich den erstbesten spitzen Gegenstand gegriffen, um ihn sich in den Hals zu stechen. Egal, ob es schmerzhaft war, die Hauptsache war doch, sie hätten keine Möglichkeiten mehr gehabt sie zu retten. Alles, wirklich alles war besser als dort zu sein. "Ich will nicht wieder dahin.. Ich.. Ich kann einfach nicht mehr!" Der Druck ihrer Hände um den dünnen Hemdstoff verstärkte sich, sie vergrub ihr Gesicht tiefer in ihm. Als hätte sie Angst, wieder losgelassen zu werden und allein zu sein.

(Naaa.. Warum ist sie denn die einzige ? )

Ob es seine Worte waren oder einfach nur die Tatsache, dass sie keine Tränen mehr vergießen konnte, wusste sie nicht. Nur, dass der Strom langsam abrach, bis sie einfach nur noch dasaß, tief in seiner Umarmung versunken. Tausend Gedanken und Gefühle bestürmten sie, Gefühle, die sie so noch nie gespürt hatte und die sie nicht einordnen konnte. Und dann plötzlich und ohne Vorwarnung, ein brennendes Ziehen in ihrem Gesicht. Verwirrt blinzelte sie, was jedoch den Schmerz nur verstärkte. Langsam richtete sie sich auf und blickte auf das eigentlich weiße Hemd, dass nun jedoch mit einem roten Blutfleck verschmutz wurde. Ihre Finger glitten langsam zu den Stoff, berührten ihn vorsichtig. War er verletzt? Vorhin hatte es nicht danach ausgesehen. Ihre andere, noch freie Hand fuhr über ihr Gesicht und als sie sie wieder zurück nahm und aufsah, waren auch diese Blutverschmiert. "Ich.. Ich hab dein Hemd vollgeblutet.." sagte sie mit leicht monotoner Stimme, noch immer das nicht gerade wenige Blut anstarrend. Sie hatte die Feuchtigkeit auf dem Stoff und ihrem Gesicht zwar schon vorher gespürt, es jedoch für Tränen gehalten.

Als Anathial sie von ihm schob und gegen den Baum lehnte, konnte sie den Blutverlust schon deutlich spüren. Sein Gesicht verschwamm leicht vor ihren Augen und sie hatte das Gefühl, so langsam das Bewusstsein zu verlieren. //Nein, bleib wach..// Die Situation um sie herum war einfach zu gefährlich, um jetzt wieder abzudriften. Sie spürte, wie er langsam den Verband von ihrem Kopf wickelte und dann den kalten Luftzug, als ihre Wunde und ihr Auge frei wurden. Da dass blinzeln mittlerweile wirklich wehtat, befolgte sie seinem Rat und schloss ihr anderes, versuchte es so ruhig wie möglich zu halten. "Und?" fragte sie Vorsichtig. Sie hatte bis jetzt noch nicht die Gelegenheit gehabt, es sich wirklich anzusehen und nun bekam sie etwas Angst.

Sie öffnete ihr gesundes Auge uns sah ihn nachdenklich an. Wie fühlte sie sich? Egal wie tief sie in ihrem Kopf, in ihrem Inneren bohrte, es fiel ihr einfach keine passende Antwort ein. Sie fühlte sich grauenhaft, das Geschehene setzte ihr unsäglich zu. Und der Blutverlust, die Schmerzen und die Angst ihr Auge zu verlieren spielten auch keinen sonderlich kleinen Part. Auf der anderen Seite aber irgendwie gut, sicher. Er war bei ihr, hatte ihr versprochen, dass er auf sie aufpassen würden und sie glaubte ihm. "Ich weiß nicht.." gab sie zögernd zu. Die Wunde musste jedoch schlimmer sein, als sie angenommen hatte. Zwar hatte Anathial nichts genaues gesagt, doch sie konnte es in seinem Blick lesen. Als er auf einen Heiler ansprach, blickte sie sich langsam um, musste den Kopf jedoch nun etwas weiterdrehen, da ihr eines Auge ja nun erst mal nicht funktionstüchtig war. Er schien während sie Ohnmächtig gewesen war, eine ganze Strecke geschafft zu haben, doch sie waren immer noch zu nah an Uragiri. Sie mussten hier weg. Und einen Heiler würde sie hier ganz bestimmt nicht aufsuchen, selbst wenn es zum äußersten kommen sollte. Zum einen waren hier die meisten Ärzte Menschen und die konnten nicht einmal ansatzweise etwas von ihrem Handwerk und zum anderen ließ sie sich von keinem Fremden untersuchen, da war sie sehr eigen. Gerade wollte sie den Mund öffnen, um etwas zu sagen, als sie ein leises Rascheln vernahm.

Cirian stand auf einem großen Balkon, angespannt am Gelände gelehnt. Er ließ keine Person im Raum unbewacht, konnte jede Tätigkeit, der sie nachgingen, jeden Schritt, den sie traten und jedes Wort, das sie sprachen so deutlich verstehen und spüren, als würde er neben ihnen stehen. //Unglaublich..// Er hatte schon immer ausgesprochen gute Fähigkeiten besessen, welche sich um die Auren seiner Mitwesen drehten, doch nun hatte er das Gefühl in eine ganz neue Liga aufgestiegen zu sein. Es war ein berauschendes Gefühl der Macht! Noch einmal hob er den Kopf und blickte auf den leicht wippenden Schatten, der sich langsam aus seinem Blickfeld bewegte. Es war ein schwarzer, großer Rabe, den er und Lysann schon oft als eine Art Brieftaube verwendet hatten. Er unterdrückte ein Schmunzeln. Normale Tiere waren Lysann schon immer zu langweilig gewesen. Doch er durfte sich nicht ablenken lassen, durfte nicht an sie denken. Vorerst nicht. Aus dem Augenwinkel heraus sah er wieder zu Astrion, der sich wie er auch, in ein neues Paar Kleider geworfen hatte, da seine in einem mehr als ramponierten Zustand gewesen waren. Astrion.. Sein Lehrer und eine Art Ziehvater für ihn. Wie sehr hatte er ihn als Cirian geliebt, wie sehr als Fenris gehasst. Und nun stand er zwischen zwei Stühlen und konnte sich nicht entscheiden, welchen er nehmen sollte. Seine magische Gabe war wirklich mehr als beeindruckend und ihm Laufe der Jahre noch detaillierte geworden. Er hatte nur wenige Stunden gebraucht, ihm genügen Schlüsselmomente aus seinem Leben zu zeigen, bis er sich wieder an alles erinnern konnte. An die Person, die er wirklich war. Cirian Selèth, eines der besten Ergebnisse von Chronos und erster Spion von Thandoril, dem König von Düsterwald. "Und Vater von Lysann.." murmelte er leise. Eilig schüttelte er den Kopf, er durfte nicht mehr an sie denken. Doch zum Glück wurde seine Aufmerksamkeit sofort auf einen kleinen Mann gezogen, der mit wichtigtuerischer Mine den Raum betrat und sich tief verneigte. "Ihre Majestät, König Thandoril. Gerechter Herrscher über Düsterwald und gütiger Vater für sein Volk!" Eilig richtete sich Cirian auf, schritt in die Halle und fiel vor dem großen und imposanten Dämon auf die Knie. "Mein König.. Ich habe meine Mission erfolgreich beendet." Er hoffte nur, dass Lysann den Brief mit der Bitte, sie möge schnell wieder nach Hyrule fliegen befolgen. Er hatte zwar hineingeschrieben, dass bei ihm alles in Ordnung sein und dass er ihr die Gründe für sein Fortbleiben noch erklären würde, doch er wusste, wie sie manchmal tickte. Er hatte seine ganze Überredungskunst aufbringen müssen, um Astrion davon abzuhalten, ihnen zu folgen oder Soldaten hinterher zu schicken.

Lysann musste sich schnell am Baumstamm festhalten, da Anathial sie etwas zu schnell hochgezogen hatte und ihr Kreislauf noch nicht ganz mitspielte. Verwirrt blickte sie auf den Vogel auf seinem Arm und streckte auch ihren aus. "Rahel.." Sofort hob die angesprochene Rabendame den Kopf, flatterte zu ihr und streckte das Bein nach vorne, sodass sie den Brief leichter abnehmen konnte. Am liebsten wäre sie jetzt mit Anlauf gegen den nächsten Baum gelaufen und hätte ihm eine Kopfnuss verpasst. Wie hatte sie nur Fenris vergessen können!? Natürlich hatte er keine Namen hinein geschrieben, doch sie erkannte seine feine, geschwungene Handschrift. Da das verwendete Blatt jedoch etwas klein war, hatte er auch nur sehr klein geschrieben, weshalb sie es etwas dicht vor ihr Auge halten musste.

Bitte mach dir keine Sorgen um mich. Ich hab einen sicheren Weg hinausgefunden. Muss noch einige
Angelegenheiten klären und den einen oder anderen Besuch abstatten. GEH NACH HAUSE!! BITTE! Ich werde so schnell wie möglich nachkommen. Habe dafür gesorgt, dass ihr vorerst in Ruhe gelassen werden. Die Schlucht ist frei. Pass auf dich auf!

Langsam ließ sie den Brief wieder sinken und atmete erleichtert auf. Es ging ihm also gut. Doch dass er noch hier bleiben wollte, gefiel ihr gar nicht. Sie hatte noch nie jemanden zurück gelassen, das war nicht ihre Art. Gut, er war stark, er kam auch allein zurecht. Dennoch hinterließ es ein mulmiges Gefühl. Kurz gab sie die gegebenen Informationen an Anathial weiter. Sollte sie auf ihn warten, ihn suchen oder endlich aus diesem verfluchten Land gehen.

Probeweise ließ Lysann ihre Flügel hinausschnellen. Sie bewegte sie langsam, dann etwas schneller. Es ziepte noch ordentlich und wenn sie erst mal in der Luft war, hätte sie noch eine weitere Schmerzensquelle, doch es war auszuhalten. Anathial hatte recht. Es brachte nichts, in ihrem jetzigen Zustand nach ihm zu suchen. Nicht, dass sie sich um sich selbst sorgte, nein, es ging ihr eher um ihre beiden Wegbegleiter. "Ja, ich schaff das schon. Du wirst dann wi.." sie blieb mitten im Satz stockend stehen und warf ihm einen mehr als überraschten Blick zu. "Dein.. du hast.. Flügel!?" Sie war vorhin noch zu sehr unter Schock und hatte Schmerzen gehabt, weshalb sie er erst jetzt bemerkte.

Es überraschte ihn nicht, dass er ihn nicht sofort erkannte. Er war zwar einer seiner wichtigsten Leute, die er am Hof hatte, doch wer sich täglich zu das Hirn wegsäuft und frisst, der hatte noch ganz andere Probleme als ein schlechtes Gedächtnis. Wie zum Beweis schlug ihm sein strenger Körpergeruch schlagartig entgegen, die ein Haufen Parfüms nur schlecht verdeckte. "Natürlich, Herr," sagte er mit möglichst untertäniger Stimme. Er wusste aus Erfahrung, dass man so meist besser mit ihm klarkam. Nachdem auch die letzten den Saal verlassen hatte, begann er weiter zu sprechen. Hier kam der schwierige Teil. Astrion hatte er noch gut austricksen könne, er wusste immer noch nicht genau, wie der die Meisterleistung verbracht hatte, dass war also schon mal ein Vorteil. Seine Mission war gewesen, sich als Spion an den Hof der Leskerdogeschwister einzuschleichen und alle wichtige Informationen zu sammeln, die er finden konnte. Und das hatte er geschafft, sogar mehr als das. Als Lysanns bester Freund und engster Vertrauter und Berater, war er mit absolut jeder Einzelheit, die in der Regierung und im Militär stattfand vertraut. Immerhin war er sogar bei den Besprechungen dabei, die eigentlich nur für sie und ihre Geschwister gedacht war. Da sie ihm sowieso alles berichtete, hatte sie aus Bequemlichkeit beschlossen, dass er ab jetzt auch dabei war. Im Grunde könnte er mit nur wenigen Soldaten binnen zwei , drei Monaten das Königshaus stürzen. Doch das wollte er nicht. Er war nur aus einem Grund mitgekommen, nämlich um die Seiten zu wechseln, um wichtige Informationen für die Leskerdos zu bekommen. Und wo bekam er sie besser als bei Thandoril persönlich? Also hieß es jetzt, sich irgendwelche glaubhafte Lügen auszudenken. "Nun, mein König.. Ich habe im Laufe der Jahre hart gearbeitet, um möglichst hoch am Hofe aufzusteigen, doch sonderlich viel war es zu meinem Bedauern nicht. Sie sind äußerst misstrauisch.." Klang doch gut. vorsichtig durchforstete er den schwach geschützten Geist seines Gegenübers. Gut, dass er so beschränkt war. Dann griff er in eine Tasche und zog eine Liste mit militärischen und wirtschaftlichen Daten hervor, die er vorhin aufgeschrieben hatte. Einiges davon war sogar war, doch bei den meisten Fällen hatte er gelogen, um die Schwächen des Landes nicht hervorzuheben. Cirian war nervös, ließ sich äußerlich jedoch nichts anmerken und auch seine Aura war wie immer schön verdeckt. Es war gefährlich, mit dem König zu reden. Ein Fingerzeig und schon rollt ein Kopf.

Lysann räusperte sich leicht und trat nachdenklich einen Schritt näher. Sie war keinesfalls großartig überrascht gewesen, dass er nicht fliegen konnte. Ihr Bruder Lenòr konnte dies auch nicht, aus gesundheitlichen Gründen und sie hatte angenommen, es wäre bei ihm auch so. Doch er wirkte, als wäre ihm das ganze etwas peinlich, also sprach sie ihn nicht darauf an. Sie war für Ausbildung neuer Soldaten zuständig, also musste sie auch als eine Art Fluglehrerin auftreten. Ihre Schüler beherrschten jedoch die Grundsteine wie Flügelausfahren, Flügeleinfahren, Landen und Starten. Und natürlich auch, wie man sich gerade und einfach in der Luft hielt. Deshalb sie sich auch nicht wirklich sicher, wie sie ihm da jetzt helfen sollte. Langsam ließ sie ihre Flügel zurückgleiten, prägte sich jeden Muskel darin ein, welcher wo lag und wer wann bewegt werden musste. "Ähm.. Naja, du könntest.." Ach, wie sollte sie das jetzt erklären? Am besten wäre es, wenn sie versuchte, es ihm zu zeigen. Sie trat hinter ihm und legte vorsichtig ihre Hände auf seine schwarzen Schwingen. Verblüfft hob sie die Augenbrauen. Noch nie hatte sie so weiche Flügelfedern gespürt. Kein Wunder, da sie ja nie benutzt worden waren, hatten sie auch keine Gebrauchsspuren. Mit der richtigen Pflege, welche sie selbst auch anwandte, konnte man seine Schwingen zwar wieder glänzend und seidig machen, doch auf Dauer half da auch nichts, weshalb seine nun eine irrsinnige Faszination in ihr auslösten. Immer noch glitten ihre Finger durch das dichte, weiche Schwarz, rieb diese vorsichtig in ihren Fingern, vergrub ihre Hände darin, bis sie auf einmal das Verlangen spürte, sich in seine Flügel zu kuscheln. Sie schüttelte den Kopf, vertreibte die Gedanken so schnell sie konnte, sie hatten jetzt wichtigeres zu tun. Das sie hinter ihm stand, kam ihr jetzt ganz gelegen, weil er so ihr Gesicht nicht sah. Also ließ sie von seinen Federn ab und begann damit Haut, Knochen, Sehnen und Muskeln abzutasten. Sie ließ nichts aus, bis sie die gewünschten Stellen gefunden hatte. "Versuch diese anzuspannen und lass dann einen Teil der Kraft, die du in deinen Flügeln spürt, in dich hinein gleiten.."

Etwas überrascht über seine Reaktion ließ sie ihre Hände sinken, musste dann aber, als sie sein lachendes Gesicht sah, leicht lächeln. Es fühlte sich etwas komsich an, da sie sich eigenlich noch sehr angeschlagen fühlte. "Ja, unsere Flügel sind sehr empfindlich.." Er hatte jedoch immer noch seine Flügel draußen. "Und, gehts? Oder soll ich sie dir noch mal zeigen?"

(Dialoge *husthust*)

Sie dachte an den Moment unten in der Höhle zurück, als Fenris ihren Flügel gerichtet hatte. "Ja.. Das war nicht ohne.." Eher sie sich versah, stand er neben ihr, umfasste sie mit seinen Händen und hob sie auf seinen Rücken. Schnell legte sie einen Arm um ihn, vorsichtig darauf bedacht ihn nicht versehentlich zu würgen. Den anderen legte sie auf seine Schulter. Plötzlich fiel ihr auf, dass der klägliche Rest seines Hemdes ja für ihren Verband hatte herhalten müssen und sie so nun seine nackte Haut berührte. Sie fühlte sich.. angenehm an. Ziemlich hart, da er sehr trainiert war, und doch irgendwie weich. "Ok, dann also weiter." Wenn sie querfeldein liefen, würden sie etwas schneller wieder bei der Melsias-Schluch seien. Vorher hatten sie ja noch einige Umwege nehmen müssen, weil sie den einen oder anderen Informanten besucht hatten. Und da tat sich schon ein weiteres Problem auf. Die große Schlucht! Alleine wäre es für sie keine große Schwierigkeit gewesen, darüber zu fliegen, doch mit Anathial auf ihrem Rücken? Dafür waren ihre Flügel noch nicht genug abgeheilt. Und sie bezweifelte, dass er schon die Ausdauer besahß, im alleingang rüber zu kommen. Wenn sie dort angekommen waren, müssten sie sich wohl etwas überlegen.

Als Anathial loslief, schaute sie in den ersten Minuten noch genau die Umgebung ab, verlor sich dann aber schnell in den tiefen Abgründen ihrer Gedanken. Auch wenn die Gegenwart Anathials guttat und sie sich nun ein wenig ausruhen konnte, schaffte sie es nicht, in ihrem Kopf für Frieden zu sorgen. Jetzt, wo es ihr körperlich langsam besser ging, ihr Gesicht schmerzte zwar noch höllisch, aber es war dank ihm auszuhalten, doch nun drangen die Gedanken und Empfindungen nach außen, die vorher noch keinen Platz bei ihr gefunden hatten, weil die vorhaltende Gefahr zu viel eingenommen hatte. Sie hätte sich gerne mit irgendetwas abgelenkt, meist hätte ihr Fliegen geholfen, doch sie wusste einfach nicht, was sie jetzt tun sollte, oder über was sie mit Anathial reden konnte. Er hatte bis auf einmal eigentlich keine Andeutungen gemacht, dass er jetzt schlechter über sie dachte, doch so wirklich konnte sie dem nicht trauen. Dafür war wohl einfach ihr Selbstwertgefühl zu sehr im Arsch. Also schwieg sie die ganze Zeit über und starrte in ihren eigenen Gedanken ertrinkend zum Himmel.

Lysann blickte erst auf, als sie spürte, wie Anathials Schritte langsamer wurden und er dann schließlich stehen blieb. Sie hob den Kopf ein wenig höher. "Ja, bin ich...", sagte sie, musste sich dann aber erst mal etwas räuspern, da ihre Stimme ungewohnt heiser klang. Sie streckte sich etwas und ließ sich dann von seinem Rücken gleiten. Erst jetzt bemerkte sie, wie schwer sein Atem ging. Die beiden hatten schon eine ganze Strecke zurückgelegt und er hatte bestimmt seit ihrem Aufbruch in die Stadt nicht mehr geschlafen. Er brauchte eine Rast. Also drehte sie sich um und betrachtete prüfend die Umgebung, ob es hier irgendwo eine Möglichkeit gab, wo sie einen Unterschlupf finden konnten, da sich am Himmel mittlerweile ziemlich viele Wolken gebildet hatten und es so aussah, als würde es jeden Moment anfangen zu Regnen. Doch zum Glück befand sich in der Nähe eine Art Höhle, wo sie sich hinlegen konnten und vor etwaiger Nässe und Blicke geschützt waren. Also steuerte sie nun darauf zu.

Lysann betrat nun ebenfalls die Höhle und ließ sich gegenüber von Anathial auf den Boden gleiten und zog die Beine an, um es etwas bequemer zu haben. Doch wirklich schlafen konnte sich nicht. Zwar fühlte sie sich ausgelaugt und entkräftet, doch hielt die Angst vor dem Schlaf sie wach. Um zu verhindern, dass es zu einer Diskussion kommen würde, wenn sie darauf bestand, das er sich erst mal ausruhte, weil er es augenscheinlich nötiger hatte, tat sie einfach so, als würden ihr langsam die Augen zufallen und sie in den Schlaf gleiten. Trotz ihrer Bemühung gelang es ihr dann aber doch nicht, wirklich wach zu bleiben. Sie konnte noch alles um sich herum fühlen und hören, doch wirklich anwesend war sie nicht mehr. Das hatte sie schon öfters gehabt, sie war jetzt einfach überm Punkt hinaus, wo sie noch wirkliche Müdigkeit empfinden konnte. Irgendwie war sie dann aber doch froh, dass er es nicht auf ein Gespräch hatte ankommen lassen und sie in Ruhe nachdenken konnte.

(Naja.. Er hat ja noch ne Hose )

Etwas erschrocken schlug Lysann ihr Auge (Mää, es ist komisch das zu schreiben...) auf und setzte sich mit einem Ruck auf. //Verdammt!// Jetzt war sie am Ende doch noch eingenickt. Zu ihrem Glück war sie jedoch kurz bevor sie in die Tiefschlafphase ein geglitten war, aufgewacht. Kurz ließ sie ihren Blick schweifen. Es müsste jetzt eigentlich Anfang Nachmittag sein, doch draußen bedeckten riesige schwarze Wolken das Firmament und ließen keinen einzigen Zipfel Sonnenlicht hindurch. Nur gelegentlich zerriss ein heller Blitz die Dunkelheit und ließ die Ebene und das Innere der Höhle in einem Irrealen Licht erscheinen. Dafür, dass die Blitze so hell und nah wirkten, fiel der Donner vergleichsweise leise aus. Zusätzlich hatte es jetzt auch noch angefangen, ihn Strömen zu Regnen, als hätte jemand einen Wasserfall über sie platziert. Kurz sah sie zu Anathial, der noch immer wach ihr gegenüber an der Wand lehnte. "Kannst ruhig ein wenig schlafen. Ich seh mir eben die Umgebung kurz an." Mit diesen kurzen, etwas leise gesprochenen Worten stand sie auf und trat aus dem Eingang. Binnen weniger Sekunden war sie bis auf die Knochen durchnässt, doch das machte ihr nichts. Mit einer fließenden Bewegung sprießen ihre Flügel aus ihrem Rücken und sie machte ein, zwei, drei Schlagbewegungen mit ihren Schwingen, um auf eine etwas höher gelegte Stelle zu gelangen. Von hier oben hatte sie einen perfekten Blick auf das, was sich vor ihnen abspielte, wurde selbst aber kaum gesehen. Der Regen war mittlerweile, wenn's überhaupt möglich war, noch stärker geworden und ein eisiger Wind kühlte alles zusätzlich noch ein gute Stück ab. Auch wenn sie nun schon langsam anfing zu zittern und die Kälte mit einem heftigen Stechen auf ihrer Haut brannte, dachte sie nicht daran, wieder reinzugehen, nein, sie begrüßte den Schmerz eher mit offenen Armen, da er ihr die Ablenkung von dem Schmerz, der sich ihn ihrer Seele abspielte, bot, die sie so dringen nötig hatte.